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Max Winter

Sommertheater im Englischen Garten

Arbeiter-Zeitung Nr. 224 vom 17. 8. 1901

Das «Unterbrettl» bot Donnerstag die von der Julihitze gereiften Früchte dar. Das soll keine Anspielung auf die saftigen Pfirsiche sein. Die Früchte, die Herr Direktor Wolerzogen (Herr Tuschl) servirte, waren weder von dem Wohlgeschmack der Pfirsiche, noch waren sie – saftig, eine Voraussetzung, mit der die Stammgäste dieser Bühne rechnen. Es war gerade so, als sollte der unumstößliche Beweis erbracht werden, daß das «Unterbrettl» wirklich «unterm Brettl» ist. Die Gähnsuchtseuche begann denn auch schon bei dem Vortrag der Lieder, Walzer und Gedichte bedenklich um sich zu greifen, als Herr Tuschl, der das Vorwort und den gleich witzlosen verbindenden Text sprach, sich endlich des Versprechens erinnerte, welches das Programm macht, daß nämlich täglich «aus dem Programm nur eine zwanglose Auswahl getroffen wird», und das nun folgende heitere Bild aus dem Theaterleben von Fritz und Eduard Lunzer, «Die Premiere», ankündigte. Die Komödie entschädigte einigermaßen für das vorher Gebotene. Sie ist eine stark aufgetragene Karikatur des Lebens hinter der Bühne am Tag einer Premiere, der es nicht an lustigen Situationen mangelt und in der auch manches Wort beißenden Hohns fällt. Besonders die modernen Autoren kommen gut weg. Der bühnenkundige Autor kennt seine Leute. Die Komödie wurde flott gespielt. Man merkte den Schauspielern ordentlich die Freude an, wieder mimen zu können, anstatt die «faden G’sangeln» vortragen zu müssen. Der Schauspieler-Autor mußte viermal vor die Rampe.

m.w.

 

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